02.11.2022:
GBV zu EWG: Wärmewende ja, aber durchdacht
Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen sieht dringenden Nachbesserungsbedarf bei Erneuerbaren-Wärme-Gesetz. Wohnrechtliche Probleme beheben und praxisnäher gestalten.
Die Wichtigkeit und Dringlichkeit einer Energiewende ist in Anbetracht des Klimawandels und der außenpolitischen Situation vollkommen klar. Dazu braucht es gesetzliche Maßnahmen - wie das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG). Allerdings appelliert der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBVs) an die zuständigen Stellen, die wohnwirtschaftliche Praxis und die wohnrechtlichen Fragen dabei nicht außer Acht zu lassen, wie Obmann Klaus Baringer und sein Vize Herwig Pernsteiner einhellig betonen.
Wohnrechtliche Baustellen
Neben besonderer Förderungsschienen für den mehrgeschossigen Wohnbau benötigt es jedenfalls wohnrechtliche Begleitmaßnahmen im bzw. für das EWG. Diese sind unabdingbar, um den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen, den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern sowie die Durchführung von thermischen Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden nicht nur zu vereinfachen, sondern teilweise auch überhaupt erst rechtlich möglich zu machen. Dies beginnt bei der Duldungspflicht bis zur Klarstellung, ob notwendige Arbeiten als Erhaltungsarbeiten im gesamten Wohnrecht (MRG, WGG, WEG und ABGB) qualifiziert werden können. Aber auch Regelungen, die die Finanzierbarkeit betreffen, könnten notwendig werden. Denn insbesondere bei alten Häusern ergeben sich sehr große finanzielle Probleme.
Sanierung in der Praxis
Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Stilllegung einer bestehenden Anlage nach §§ 8 und 10 EWG kann von einem Gebäudeeigentümer beantragt werden, wenn innerhalb der kommenden zwei Jahre eine thermische Sanierung erfolgt. Hier braucht es eine Anpassung, um den Zeitraum von zwei auf fünf Jahre zu erhöhen. Denn die angedachte Frist geht leider an der Realität vorbei, da die Planung und Durchführung von thermischen Sanierungen aufwendig ist und ein Großprojekt im Regelfall viel länger dauert. Die mögliche Dauer der technischen Umsetzung eines Sanierungsvorhabens - siehe aktuelle Lieferverzögerung, Dauer von Baubewilligungsverfahren etc. - sind hier zu beachten. Auch müssen die Entscheidungsfindungsprozesse innerhalb einer Eigentümergemeinschaft samt den damit im Zusammenhang stehenden Einspruchsmöglichkeiten einzelner Eigentümerinnen und Eigentümer mitbedacht werden.
Problem Lieferbarkeit
Bei Versorgungsnotstand mangels Lieferbarkeit von fossilfreien Wärmebereitstellungsanlagen bzw. Teilen davon und/oder der Nicht-Verfügbarkeit entsprechender Professionistinnen und Professionisten sollte es den Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer erlaubt sein, eine bestehende Wärmebereitstellungsanlage weiter zu betreiben.
Zentralisierungsverpflichtung wirklich zielführend?
Ein Zentralisierungsgebot im Sinne einer Zentralisierungsverpflichtung scheint wenig zielführend, da der Wandel in Richtung Dekarbonisierung Technologieoffenheit braucht. Dekarbonisierungswillige Eigentümerinnen und Eigentümer sollen selbst entscheiden dürfen, auf welche Art und Weise sie die Umstellung auf eine klimafreundliche Wärmebereitstellungsanlage vornehmen. Die vorgesehene Bestimmung des § 11 EWG scheint wenig praktikabel und wirft viele Rechtsfragen auf. Denn es ist defacto unmöglich, Einstimmigkeit zu erlangen (gerade in größeren Wohnungseigentumsanlagen) dies führt aber dann sofort zur Pflicht zur Zentralisierung. Darüber hinaus schränkt man dekarbonisierungswillige Eigentümerinnen und Eigentümer in ihrer Entscheidung ein, denn die Dekarbonisierung muss bis 30. Juni 2035 (Öl) bzw 30. Juni 2040 (Gas) erfolgen, die Entscheidung aber schon 10 bzw. 15 Jahre vorher.
Der Verband
Der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen ist die Interessensvertretung der 182 gemeinnützigen Bauvereinigungen. In den von den Mitgliedsunternehmen verwalteten Wohnungen wohnen österreichweit mehr als 2.000.000 Bewohnerinnen und Bewohner.